Höchstes Schmerzensgeld in Brandenburg gewährt Seit einem Flugunfall sitzt Andreas K. im Rollstuhl - jetzt stehen ihm 700 000 Mark zu
Katrin Bischoff BRANDENBURG.
Andreas K. aus Neuruppin (Ostprignitz-Ruppin) ist seit einem Flugunfall im Jahre 1991 querschnittsgelähmt und geistig behindert. Seine Mutter muss ihn rund um die Uhr pflegen. Am Dienstag sprach das Brandenburgische Oberlandesgericht (OLG) dem 30-jährigen Mann ein Schmerzensgeld in Höhe von 700000 Mark zu. Das ist eine der höchsten Summen, die in Deutschland als Schmerzensgeld zuerkannt worden sind. In Brandenburg ist es die höchste überhaupt. "Der ungewöhnlich hohe Betrag ist wegen der lebenslangen Behinderung des Mannes festgesetzt worden", sagte am Mittwoch OLG-Sprecherin Ramona Pisal. Der damals 22-jährige Schwimmmeister Andreas K. hatte am 21. Juli 1991 auf dem Flugplatz Kyritz/Heinrichsfelde einen Rundflug gebucht. Zusammen mit zwei weiteren Passagieren hatte der junge Mann eine Cessna bestiegen. "Die Maschine war bereits wieder im Landeanflug, als das Unglück geschah", sagte die OLG-Sprecherin.
Der Pilot einer zweiten Cessna, die Fallschirmspringerabgesetzt hatte, steuerte gleichzeitig auf die Lande- bahn zu und sah offenbar die unter ihm fliegende Maschine nicht.
"Wenige Meter vor der Landepiste kam es in drei Meter Höhe zur Kollision der Flugzeuge", sagte Ramona Pisal. Die Maschine mit den Rundfluggästen sei dabei vom Propeller der anderen Cessna aufgerissen worden und abgestürzt.
Die zweite Maschine konnte trotz der Beschädigungen sicher landen. Alle Insassen des abgestürzten Flugzeuges wurden verletzt, zwei von ihnen - Andreas K. und Detlef S. schwer. Andreas K. lag fünf Monate im Koma, musste über ein Jahr im Krankenhaus bleiben und mehrmals operiert werden. "Der junge Mann hat eine Wirbelsäulenverletzung davongetragen und wird zeitlebens auf eine ständige Betreuung angewiesen sein", sagte Ramona Pisal. Zudem sei der Mann seit dem Unfall geistig behindert, eine Kommunikation mit ihm nur im engsten Familienkreis möglich. Der zweite Schwerverletzte habe keine dermaßen schweren bleibenden Schäden davon getragen. Andreas K. verklagte die Piloten beider Maschinen und die Flugplatzbetreiber auf Schmerzensgeld. Die Klage gegen den Flugplatzbetreiber sei abgewiesen worden, sagte OLG-Sprecherin Pisal.
"Der Betreiber hatte keine Luftaufsicht, ein Flugleiter war zur damaligen Zeit nicht zwingend notwendig." (Ein Türmer aber schon, der hat da auch zugesehen, konnte es nicht verhindern! Der Platzbetreiber wurde darauf durch das zuständige Amt gezwungen einen richtigen “Tower” zu bauen. Der Türmer kann nun besser zusehen, regeln darf er aber trotzdem nichts!)
Auch die Schmerzensgeldklage gegen den Piloten der Rundflugmaschine sei abgewiesen worden. "Der Mann hatte mit den Klägern einen Beförderungsvertrag abgeschlossen und kann nur wegen Schadensersatz belangt werden." In dem Urteil vom Dienstag sah es das OLG als erwiesen an, dass der Pilot der Fallschirmspringer Maschine den Zusammenstoß hätte verhindern können.
"Er hätte beim Landeanflug den Funkverkehr beobachten müssen", sagte die OLG-Sprecherin. Der Pilot hat nun einen Monat Zeit, gegen das Urteil Revision einzulegen. Auch Detlef S., der zweite schwer verletzte Mann aus der Maschine, hat laut OLG-Urteil Anspruch auf Schmerzensgeld. Über dessen Höhe muss jedoch noch das Landgericht entscheiden. Uwe Furmanek, der Anwalt von Andreas K., sagte am Mittwoch, er sei mit der Höhe des Schmerzensgeldes zufrieden. "Ich gehe aber davon aus, dass der Pilot gegen das Urteil Revision einlegen wird", sagte er. Nach seinen Angaben hatte der Unfall keine strafrechtlichen Folgen. "Das Verfahren gegen die Piloten ist von der Staatsanwaltschaft eingestellt worden", sagte Rechtsanwalt Furmanek.
Der Rechtsweg // Schmerzensgeld: Andreas K. erhält 700 000 Mark Schmerzensgeld. Der Pilot kann binnen eines Monats in Revision gehen. Dann muss ein Gericht über die Revision entscheiden. Anspruch: Auch ein zweiter schwerverletzter Mann aus der Cessna hat laut OLG Anspruch auf Schmerzensgeld. Die Höhe muss jedoch noch vom Landgericht festgelegt werden. Entscheidung: Eigentlich hätte auch bei Andreas K. das Landgericht die Höhe des Schmerzensgeldes festlegen müssen. Das OLG tat es, weil bereits alle Gutachten vorlagen.
Aus : www.berlinonline.de/berliner-zeitung/archiv/.bin/dump.fcgi/2001/0201/none/0036/index.html
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